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26.04.2018  12:00
Wehe dem, der gegen den Strom schwimmt!
„Uli“ Gack hat es getan. Der Leiter des ZDF-Studios in Kairo hat in einer Live-Schalte der ZDF-Nachrichten Augenzeugenberichte des vermeintlichen Giftgasangriffs auf die syrische Stadt Duma wiedergegeben, die der offiziellen Sprachregelung der Regierungen in Washington, London, Paris und Berlin widersprechen. Dieser kleine Ausflug in eine differenziertere Berichterstattung wurde sogleich von den Kollegen bei BILD und Focus mit einer kaum zu glaubenden Vehemenz attackiert... [Quelle: nds.deJWD

 
 


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...Der angesehene Journalist war plötzlich ein „Verschwörungstheoretiker“ und „Assad- und Putin-Propagandist“, der entweder „keine Ahnung hat“ oder „bewusst lügt“. Das ZDF stellte sich daraufhin nicht etwa – wie es sich eigentlich gehören sollte –vor seinen eigenen Mitarbeiter, sondern distanzierte sich ausdrücklich. Nun muss Gack offenbar Aussagen aus „nicht bundesregierungskonformen“ Quellen speziell als „potentielle Propaganda“ kennzeichnen. Für konforme Quellen gilt dies freilich nicht. Und Gack ist damit kein Einzelfall. Von Jens Berger.

Was erwarten Sie als Zuschauer, wenn Sie einen Korrespondentenbericht zu „Spekulationen über Syrien-Angriff“ anschauen? Die meisten werden wohl genau dies erwarten – „Spekulationen“. Ein seriöser Journalist würde dazu noch die Begleitumstände offenlegen und subjektive Aussagen als solche benennen. Denn gerade in einem Krieg, der auch ein Propagandakrieg von mehreren Seiten ist, gilt die Distanz zu den Quellen als oberstes Gebot. Gemessen an diesen Kriterien war die Zwei-Minuten-Schalte zu Uli Gack in der Heute-Sendung am 20. April eine ordentliche Leistung. Er berichtete über gesammelte Augenzeugenaussagen aus einem Flüchtlingslager, kennzeichnete sie als subjektive Aussagen und wies klar auf deren spekulativen Charakter hin. Solche Zusatzinformationen werden Sie in einem typischen BILD-Interview zur Syrien Thematik – beispielsweise von Julian Röpcke – vergebens suchen. Dort ist für Differenziertheit genau so wenig Platz wie für Zusatzinformationen zu den verwendeten Quellen.


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Um so erstaunlicher ist es, dass ausgerechnet aus den geschlossenen Reihen der kompromisslos transatlantischen BILD-Redaktion nach der eingangs vorgestellten Schalte scharf gegen Gack geschossen wurde. Im Dreiergespann fielen die BILD-Autoren Björn Stritzel , Julian Röpcke zusammen mit ihrem Chef Julian Reichelt in unfassbar scharfen Tönen über ihren Kollegen vom ZDF her.


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Der „unterstütze Assad und die russische Propaganda“ (Röpcke), „habe keine Ahnung“ oder „lüge bewusst“ und sei ein „Assad-Propagandist“ (Stritzel) und seine Arbeit sei ein „absoluter Tiefpunkt öffentlich-rechtlicher ´Nachrichten´“ (Reichelt). Sag mir, wer Dich kritisiert, und ich sage Dir, was Du richtig gemacht hast. Das ausgerechnet drei Schreiberlinge der BILD, die von sauberem Journalismus so viel verstehen, wie mein Hund von der Riemannschen Zeta-Funktion, sich zu den Rettern journalistischer Tugenden aufplustern, ist ja für sich schon Realsatire pur. Dass dann auch noch der Focus auf das Thema aufspringt und unter der Überschrift „ZDF-Mann verbreitete Verschwörungstheorie zu Syrien“ Lektionen in Sachen Journalismus erteilt, ist geradezu grotesk.


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Die Kritikpunkte der Journalismus-„Experten“ von BILD und Focus sind ebenfalls an den Haaren herbeigezogen. So ziehen sich Stritzel und Röpcke genauso wie ihre Schwester im Geiste beim Focus vor allem am Begriff „IS“ hoch, den Gack zweimal in der Schalte verwendet. Da sind ausgerechnet BILD und Focus offenbar päpstlicher als der Papst. Es ist nach den vorliegenden Informationen schon richtig, dass die Islamisten, die in Duma von den Regierungstruppen besiegt wurden, nicht dem IS angehören. Es handelt sich hierbei vielmehr um die Gruppierung „Dschaisch al-Islam“, die zwar ideologisch durchaus mit dem IS zu vergleichen ist, aber organisatorisch doch eine andere Gruppierung darstellt. Dieser Fehler ist jedoch sehr weit verbreitet und es ist bei näherer Betrachtung gar nicht mal erstaunlich, dass die BILD ausgerechnet dieses Detail so sehr in den Mittelpunkt stellt. In der Parallelwelt von NATO, BILD und Co. ist es ja die „westliche Allianz“, die gegen den „bösen“ IS kämpft, während „Assad und Putin“ „gute“ Widerstandskämpfer bombardieren.


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Dieses Trugbild zerfällt natürlich, wenn die Leser merken, dass der IS und seine ideologischen Mitstreiter ja eigentlich genau die Widerstandskämpfer sind, für die NATO, BILD und Co. sich stark machen und dass die Grenze zwischen „gut“ und „böse“ dabei natürlich auch verwischt wird, ist für die Falken der BILD ein weiteres Problem. So wird aus einer kleinen Ungenauigkeit von Gack, einer Mücke, ein Elefant gemacht.


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Ärgerlich ist, dass die harsche Kritik der Journalismus-„Experten“ von BILD und Focus – anders als die fortlaufende Kritik aus dem progressiven Lager – wie der Focus selbst stolz berichtet, vom ZDF sofort umgesetzt wurde. Anstatt sich hinter den eigenen Mitarbeiter zu stellen, dem hier kein schweres Versäumnis zu unterstellen ist, erklärte das ZDF, das ihm die „Wertung des Korrespondenten in dieser Sendung zu weit“ ginge. Hinter den Kulissen gab es offenbar mächtig Druck von oben.


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Anders ist es kaum zu erklären, dass Gack in einem Folgebericht, der inhaltlich nicht zu beanstanden ist, die drei syrischen Ärzte, mit denen er im Bericht spricht, schon fast ironisch überspitzt als „befangen“ darstellt und ihre Schilderungen damit vollends diskreditiert. Man darf gespannt sein, ob ARD, ZDF oder gar eines der an dieser Schlammschlacht beteiligten Print-Medien in Zukunft auch bei NATO-nahen Quellen eine derartige Offenlegung einer möglichen Befangenheit zelebriert; wohl kaum.


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Das Schlimmste an der ganzen Affäre ist jedoch die Botschaft, dass man nur via Twitter laut und dumm herumpöbeln muss, wenn irgendein Kollege mal nicht zu 100% mit dem Strom schwimmt und damit dann auch noch durchkommt. Uli Gack ist ja auch nicht das einzige Opfer solcher schäbigen Machenschaften. Auch die Macher eines von uns extra gelobten Syrien-Beitrags im Mittagsmagazin fingen sich bereits den heiligen Zorn der BILD-Trolle ein, deren Tweet-Frequenz ohnehin die Frage aufkommen lässt, ob die Herren eigentlich neben ihrer 24/7-Propaganda-Tätigkeit in den Sozialen Netzwerken auch noch einen echten Job haben.


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Das Mittagsmagazin wurde von den BILD-Trollen dann auch als „schlimmste Fake News“ bezeichnet, die Rolle des „Verschwörungstheoretikers“ und „Assad-Propagandisten“ fiel diesmal für den Focus dem Mainzer Wissenschaftler Günter Meyer, dem die BILD-„Experten“ dann auch gleich das „Expertentum“ absprachen.


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Nun ja, Meyer leitet das Zentrum für Forschung zur Arabischen Welt und ist Vorsitzender des Weltkongresses für Studien zum Vorderen Orient, des World Congress for Middle Eastern Studies – die Herren Stritzel, Röpcke und Reichelt kennen die Region hingegen als eingebettete Journalisten von geführten NATO-Reisen mit Fototermin in albernen Kevlarwesten und Schutzhelmen vor dem sicheren Vier-Sterne-Hotel. Klar, wer hier der eigentliche Experte ist. Nicht sonderlich überraschend ist, dass die Twitter-Fraktion von BILD ausgerechnet vom Online-Gossenblatt „Huffington Post“ – eine Schwester des Focus – Schützenhilfe bekommt. Dort mokiert sich ein Schreiberling wortstark und argumentschwach darüber , dass die ARD einen „Verschwörungstheoretiker ungebremst Propaganda für Assad machen“ lasse. Man kennt das Spiel. Wer auch nur im Ansatz Erklärungen anführt, die die offizielle Linie hinterfragen, wird sogleich als Verschwörungstheoretiker gebrandmarkt, während die eigentlichen Verschwörungstheoretiker – von denen einige auch bei der ARD sitzen – hofiert werden.


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Auch Monitor-Journalist Georg Restle musste schon seine Erfahrungen mit der Trolltruppe vom Springer-Verlag machen. Julian Röpcke passte es nämlich gar nicht, dass Monitor sich kritisch mit den US-Aggressionen in Syrien und Iran auseinandergesetzt hatte. Den sehenswerten Monitor-Beitrag kommentierte Röpcke mit den Worten „Du kannst dir den Scheiß (sic!) nicht ausdenken, den ARD und ZDF derzeit veranstalten um die Achse Assad, Putin, Chamenei zu stärken“.


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Im folgenden Schlagabtausch mit Georg Restle versteift sich der BILD-Mann dann sogar zur kruden These, die USA wollen gar nicht Assad stürzen, sondern in Syrien lediglich ISIS bekämpfen. Man könnte Röpcke ja mal einen Aufsatz von Robert F. Kennedy, Jr. oder ein Buch von Michael Lüders in die Hand drücken … aber helfen würde das sicher auch nichts, da Alles, was der transatlantischen Märchenstunde widerspricht, ja ohnehin nur eine „Verschwörungstheorie“ sein kann.


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In ihrem heiligen Krieg um die Deutungshoheit über Deutschlands Stammtischen schießen die Propagandisten von BILD, Focus und Co. wahllos gegen jeden Kollegen, der nicht 100% auf transatlantischer Linie ist. Und wer mit Argumenten widerspricht, wird auf Twitter ganz einfach geblockt oder zwischen den Zeilen als „Kollaborateur“ verunglimpft, wie jüngst der mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis ausgezeichnete CNN-Reporter Frederik Pleitgen.

Vielleicht sollte man solche pubertär wirkenden Dummheiten einfach auf den unausgeglichenen Testosteron-Haushalt einiger unreifer junger Männer abtun, die auf ihre Art eigentlich auch nichts anderes machen als zahllose Internettrolle – sie schnappen krude Verschwörungstheorien aus ihrer Filterblase auf, verbreiten sie in ihrer Echokammer weiter und werden aggressiv, wenn irgendwer wagt, ihnen zu widersprechen. So einfach ist es aber nicht. Während der x-beliebige Troll von einer Handvoll Menschen gelesen wird, erreichen die Premium-Trolle der BILD immerhin ein Millionenpublikum und der Rückzieher des ZDF zeigt, dass sie auch einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die gesamte Branche haben. Gefragt sind hier also vor allem die Entscheider in den Medien, die nun das Rückgrat haben sollten, dem Shitstorm aus der eigenen Branche zu widerstehen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass diese Hoffnung wohl vergebens ist. BILD – 1 : Wahrheit und Vernunft – 0. Glückwunsch, liebe Trolle.

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